Der Zauber der „4000 Inseln“
Posted from Khon Tai, Champasak, Laos.
In Pakse buchten wir über unser Hotel Bustickets zu den “4000 Inseln” nahe der kambodschanischen Grenze. Dabei machte er uns ein verlockendes Angebot als er meinte für Elisa müssten wir nicht bezahlen, da sie noch so klein sei. So buchten wir also vier Tickets für fünf Personen. Doch das vermeintlich gute Geschäft wurde zu einer körperlichen Belastungsprobe. Denn wer kein eigenes Ticket besitzt hat auch keinen Anspruch auf einen Sitzplatz. So saßen zwölf Backpacker eingepfercht in einem Mini-Van, der lediglich für elf Fahrgäste leidlich Platz bot. In den darauf folgenden vier Stunden wanderte Elisa regelmäßig von Kerstins auf Götz Schoß und wieder zurück. Dabei wurden die ausgelutschten Stoßdämpfer bei fast jeder größeren Bodenwelle überfordert und der Mini-Van gab unsanft die schlechten Fahrbahnverhältnisse an die “dankbaren” Fahrgäste weiter. Überflüssig zu erwähnen, dass die Klimaanlage nicht funktionierte und über das Gebläse der Lüftung Abgase ins Fahrzeug drangen.
Malträtiert, benommen und in gewisser Weise froh noch die eigenen Beine spüren zu können, erreichten wir Ban Nakasang am Ufer des Mekongs. Von hier brachte uns ein Longboat nach Don Khon – eine der “4000 Inseln”. Der Name kommt nicht von ungefähr. Bereits wenn der Mekong in der Regenzeit einen hohen Pegel aufweist und in dieser Gegend bis auf eine Breite von 14 Kilometern (!) anschwillt, stemmen sich hunderte kleine und große Inseln den gewaltigen Fluten des zehntlängsten Flusses der Erde entgegen. In der Trockenzeit sinkt der Pegel wieder und täglich erheben sich neue Inseln in allen Größen aus ihrem nassen Grab. Dabei sind 4000 Inseln vermutlich sogar noch eine Untertreibung.

Down by the river…
Durch dieses regelmäßige Wechselspiel hat sich hier eine einzigartige Flora etabliert. Ganze Wälder versinken zeitweise im Mekong und die Strömung formt den Wuchs der Bäume auf geradezu groteske Weise. Daneben finden sich Büsche und Sträucher die den Fluss unter ihrem Blätterdach fast verschwinden lassen. Unterbrochen wird die Szenerie von kleinen Sandbänken auf denen sich Wasserbüffel zusammenrotten und über das saftige Grün hermachen. Die kleinen Herden ziehen dann schwimmend von Sandbank zu Sandbank. Übrigens muhen Wasserbüffel nicht, sie klingen vielmehr wie eine Karnevalströte.
Ab und an steht ein Fischer in seinem Boot und legt in weitem Bogen sein Netz aus. Dies ist umso beachtlicher, da die Fischerboote stark an einen Einbaum ohne Ausleger erinnern und somit schnell zum Kentern neigen. Dies scheint die geschickten Jäger jedoch keineswegs zu stören und gleichen elegant jede Schaukelbewegung aus.

Capri Fischer ?
Es war uns nicht möglich eine geeignete Unterkunft im Vorfeld zu buchen. Die Favorisierten waren alle ausgebucht, darunter auch das Pa Ka Guesthouse, das uns Backpacker als auch unser Vermieter in Pakse empfohlen haben. So landeten wir auf Don Khon an und suchten auf “Gut Glück” nach einer Herberge. Kerstin und Götz schworen die Kinder auf einen aufwendigen Marsch mit Gepäck ein. Wir liefen los und die unbarmherzige laotische Sonne brannte auf uns herab. Nach schier endlosen zehn Metern erreicht wir die Rezeption des Pa Ka Guesthouse.
Unser unverbesserlicher Optimist Götz fragte nach vakanten Zimmern und zu unser aller Überraschung war tatsächlich ein Zimmer mit drei Betten frei. Wir überlegten, ob wir das Zimmer nehmen und gegebenenfalls zu fünft die drei Betten teilen sollten. Für und wieder wurde abgewogen als ein Gast des Weges kam und sagte, dass er noch am selben Tage abreise. So kamen wir unerwartet doch noch zu zwei Zimmern mit sogar fünf Betten. Zwar hatte lediglich das Drei-Bett-Zimmer warmes Wasser, aber das genügte. Wir buchten beide Zimmer für vier Nächte für zusammen 17€ (!) pro Nacht.
Zum Guesthouse gehört ein kleines Restaurant das laotische Kost zu kleinen Preisen anbot. Manche Speisen waren aber auch unverkennbar französisch Beeinflusst. So zum Beispiel auch die hervorragenden Baguettes, die wir auch schon in Pakse zum Frühstück verspeisten. Ein kulinarisches Erbe der französischen Kolonialzeit.
Das Essen wurde auf einer überdachten Terrasse serviert, auf der gelegentlich Hühner zwischen den Tischen umherspazierten und nach Essensresten Ausschau hielten. Doch die gefiederten Zweibeiner hatten wenig Glück, da die Hausherrin stets auf Sauberkeit achtete und öfter die Hühner verscheuchte.

Die laotische Variante eines Vorwerk-Staubsaugers
Eines Abends bekamen wir im Restaurant Besuch von einer Gottesanbeterin. Die furchteinflößende Kreatur erwies sich als überraschend handzahm.

Soll ja mit einer Trollingersauce ganz hervorragend schmecken…
Beim Einchecken wurde uns auch klar, warum man im
Pa Ka Guesthouse keine Zimmer im Voraus buchen kann. Die Gäste können spontan entscheiden wann sie abreisen. Demnach können die Besitzer gar nicht wissen, wann wieder Zimmer frei werden. Ein Konzept, dass hier offenbar zu funktionieren scheint, denn die Nachfrage war groß. Noch am selben Tag – wir verspeisten gerade ein köstliches Chicken-Baguette – kamen unzählige Backpacker des Weges und fragten ebenfalls nach freien Zimmern. Wir hatten bei der Zimmersuche unglaubliches Glück gehabt.
Auf der Höhe von Don Khon und der Nachbarinsel Don Det wird der schiffbare Bereich des Mekongs durch einen 15 Meter hohen Wasserfall unterbrochen. Dieser erstreckt sich über die gesamte Breite des Flusses und ist mit zahlreichen Inseln gespickt.
Da ein Schleusenbetrieb in der Regenzeit nicht möglich ist, ließen die französischen Kolonialherren eine Eisenbahnstrecke nebst Brücke zwischen Don Det und Don Khon bauen. Es gab nur zwei Haltestellen. Je eine Schiffsanlegestelle im Norden Don Dets und im Süden Don Khons. So wurde der Schiffshandel des Megkongs für dieses kurze Stück auf die Schiene verlagert. Die Geschäfte florierten, bis Krieg und Zerstörung dieser Handelsroute ein jähes Ende bereitete. Die Gleise sind mittlerweile verschwunden. Doch die Trasse und auch die Eisenbahnbrücke werden heutzutage als Verkehrsweg für Wanderer und Radfahrer verwendet. Autos gibt es quasi keine.

Stau war gestern…
Wir liehen uns Fahrräder und fuhren vorbei an Reisfeldern und Wasserbüffeln Richtung Süden.

Warum kaufen die Deutschen eigentlich alle paar Jahre neu Fahrräder für ihre Sprösslinge? Ein 28er reicht doch!
Dort befindet sich ein Naturschutzgebiet von dessen Uferstreifen sich ein atemberaubender Ausblick auf die Wasserfälle bot.

Durch jeden noch so kleinen Spalt strömt der Mekong
Direkt unterhalb der tosenden Fluten standen wagemutige Fischer mit ihren Netzen. Sie zogen die benommenen Fische aus dem Wasser, die eben erst den Ritt über die Kante gewagt hatten. Ein Stück weiter flussabwärts befindet sich ein richtiger Strand in einer geschützten Bucht. Hier konnten wir unsere Füße im seichten Wasser kühlen.
Auf dem Weg zurück wollten wir noch in Erfahrung bringen, wo und wie man am Besten die Irawadi-Delfine des Mekongs zu Gesicht bekommen könne. Etwa 20 Exemplare der seltenen Tiere sollen unterhalb der Fälle, nahe der kambodschanischen Grenze leben. Wir erfuhren, dass es bestimmte Gegenden auf dem Fluss gibt, wo sich die Delfine am frühen Morgen und am späten Nachmittag häufiger blicken lassen. Da es bereits 16 Uhr war, versuchten wir unser Glück und fragten ein paar Fischer, ob sie uns zu den Delfinen bringen könnten. Nach kurzer Verhandlung bestiegen wir ein Longboat und schon waren wir auf dem Wasser. Während der nachfolgenden Stunden zeigte sich der Mekong von seiner schönsten Seite. Der Fischer fuhr einige Zeit flussabwärts, vorbei an Stromschnellen, märchenhaften Wäldern mitten im Fluss und riesigen Felsbrocken, die von der Strömung in bizarre Kunstwerke verwandelt wurden. Doch die Delfine ließen sich zunächst nicht blicken. Unser “Capitän” war allerdings die Ruhe weg. Er steuerte schließlich eine kleine Felseninsel mitten im Fluss an, schaltete den Motor ab und bedeutete uns, an “Land” zu gehen. Das kaum mehr zehn Quadratmeter große Eiland bot gerade genug Platz für uns und eignete sich hervorragend als Ausguck.

Unendliche Ruhe auf einem winzigen Eiland mitten im Fluss
Ohne den Lärm der Außenbordmotoren entdeckten wir dann kurz darauf auch die scheuen Delfine. Sie kommen nur kurz zum Atmen an die Oberfläche und zeigen dabei die stumpfe Schnauze und die kleine Rückenflosse.

Leider der einzige verschwommene Beleg für die Irawadi-Delfine des Mekongs…erinnert irgendwie an Loch Ness.
Ein unwirkliches Erlebnis, mitten in diesem gewaltigen Fluss auf dieser winzigen Insel im Niemandsland zu sitzen… hunderte Meter vom laotischen und kambodschanischen Ufer entfernt…vor uns die Delfine hinter uns der Wasserfall. Unbeschreiblich. Wir verbrachten mehrere Stunden auf dem Mekong, bevor wir uns auf den Rückweg machten. Dabei durften wir noch den Sonnenuntergang mitten auf dem Fluss genießen.

Zeitlos schön
Überhaupt gehören die Sonnenuntergänge die man allabendlich von der alten Eisenbahnbrücke beobachten kann vermutlich zu den schönsten dieser Erde.

Ohne Worte
Die Zeit auf Don Khon ging leider viel zu schnell vorbei. Doch wir hatten unser nächstes Ziel bereits im Blick. Die Traumstrände von Pulau Perhentian Besar an der Ostküste Malaysias sollten unseren Abschiedsschmerz lindern.
Bis bald…
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