Laos und sein explosives Erbe
Posted from Pakse, Champasak, Laos.
Wir flogen über Bangkok tief in den Osten Thailands nach Ubon Ratchathani. Dort nahmen wir einen Bus, der uns ins südliche Laos nach Pakse, an die Gestade des Mekong bringen sollte.
Im Bus war ein großes Schild angebracht, das die Fahrgäste freundlich aber bestimmt darauf hinwies, das man für das Visum an der Grenze etwa 15 Minuten Zeit habe, bevor der Bus weiterfährt… mit, oder ohne uns! Indes kursieren in den einschlägigen Internetforen Gerüchte, dass Reisende, die mehr Zeit benötigten, ihrem Bus (und damit auch ihrem Gepäck) ratlos hinterher schauten, als er am laotischen Horizont verschwand.
Wir waren jedenfalls gewappnet und haben uns über die notwendigen Unterlagen und Bezahlmöglichkeiten informiert. So wird an der Grenze für das Visum ein extra Passfoto benötigt und die Gebühren sollen vorzugsweise in US-Dollar bezahlt werden. Alternativ wäre auch die Landeswährung Kip gegangen…blöd nur, dass man Kip außerhalb Laos fast nirgends bekommt. Wir wollten dann US-Dollar im thailändischen Ubon organisieren, doch unser Vermieter in Ubon (ein Amerikaner) winkte ab und sagte, dass man in Ubon nur mit viel Glück an US-Dollar kommt. Einfacher wäre eine Bank, die direkt an der Grenze zu Laos steht und jeden Tag reichlich mit US-Banknoten bestückt sei.
Zusätzliche Passfotos hatten wir bereits in Deutschland eingepackt und im Bus wurden während der Fahrt handkopierte Visaanträge ausgeteilt. Alles gut soweit und doch kam es anders…
An der Grenze mussten alle den Bus verlassen und die Grenze zu Fuß passieren. TickTackTick…die 15 Minuten liefen.
Kerstin eilte auf der thailändischen Seite zur Bank und Götz reihte sich mit den Kindern in die Schlange der thailändischen Grenzstation ein. Hier musste unsere Ausreise bestätigt werden. Götz wartete mit den Kindern auf Kerstin…ein Reisender nach dem Anderen wurde vorgelassen als Kerstin endlich auftauchte…ohne US-Dollar! Die Bankangestellten verlangten für die Auszahlung Kerstins Reisepass und den hatte Götz.
TickTackTick… Flugs verschwand Kerstin wieder in der Bank, während alle Mitreisenden aus unserem Bus bereits auf dem Weg zur laotischen Grenzkontrolle waren, um dort das Visum zu beantragen. Da erschien Kerstin mit einem Bündel US-Dollar und wir konnten den anderen folgen. Wir eilten durch einen unterirdischen Korridor und entlang einer staubigen Straße im Niemandsland (die eine Prima Kulisse für jeden Western abgegeben hätte) Richtung Laos. Die Straße war gesäumt von “Duty free” Shops und Souvenirläden. Nach etwa 200 Metern gelangten wir an die laotische Grenzstation. Hier trafen wir unsere Mitreisenden wieder, die hektisch zusätzliche Formulare ausfüllten. Offensichtlich war das Antragsformular im Bus nur die halbe Miete.
TickTackTick… Kerstin und Götz schnappten sich je einen Stapel und füllten eilig die Formulare für sich und die Kinder aus. Einige der Mitreisenden gaben bereits die Anträge ab und verschwanden hinter dem Grenzgebäude außer Sichtweite.
TickTackTick…die 15 Minuten waren um als wir die letzten Formulardaten eintrugen. Nun schnell zum Schalter und die Formulare und Pässe abgeben und hoffen, dass die Zeit noch reicht. Wir folgten den anderen Reisenden auf die Rückseite des Gebäudes. Dort waren die Ausgabeschalter für Pässe und die Kasse. Ein Dokument nach dem Anderen ging über den Tresen und wir bemerkten, dass noch eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr erhoben wurde. Kerstin prüfte unsere Geldreserven und nickte, alles OK.
TickTackTick…mittlerweile waren 45 Minuten vorbei und von unserem Bus fehlte jede Spur. War er tatsächlich ohne uns weitergefahren? Zumindest war es beruhigend, dass einige unserer Mitreisenden ebenfalls noch auf die Pässe warteten.
TickTackTick… nach 75 Minuten bekamen auch wir endlich unsere Pässe wieder. Auf alles gefasst liefen wir zurück zur Straße und siehe da, unser Bus empfing uns mit laufendem Motor und offener Tür. Wir bestiegen erleichtert als Letzte den Bus.
Wie man diesen Grenzübergang in 15 Minuten bewältigen soll ist uns schleierhaft. Vermutlich empfindet unser Busfahrer eine diebische Freude bei jeder Reisegruppe, die überstürzt den Bus verlässt, hektisch die Formulare ausfüllt und wie auf Kohlen sitzend auf die Pässe wartet. Dabei ist es mal wieder nur viel Rauch um Nichts.
Es ging weiter Richtung Pakse und die Landschaft und das Erscheinungsbild der Dörfer wandelte sich. Während die asphaltierte Hauptstraße in einem verhältnismäßig guten Zustand war, bestanden viele Seitenstraßen nur aus Sandpisten. Gehwege kennen Laoten nur vom Hörensagen. Dem kommunistischen Land fehlen schlicht die finanziellen Mittel, um eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.

Spielplatz mit Holzrutsche…geht auch!
Laos gehört neben Kambodscha, Myanmar, Jemen und zahlreichen afrikanischen Ländern zu den ärmsten Ländern der Erde (“Least Developed Countries”). Etwa 80 % der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Viele Kinder (65 %) brechen bereits die Grundschule ab um die Familie bei der Feldarbeit zu unterstützen. Die medizinische Versorgung ist auf extrem niederen Niveau woraus auch eine durchschnittliche Lebenserwartung von gerademal 54 (!) Jahren resultiert. Nicht unbedingt die besten Voraussetzungen um das Land aufzubauen.
Dennoch haben wir zu keiner Zeit das Gefühl gehabt, von unglücklichen Menschen umgeben zu sein. Zumal die kommunistische Partei bereits seit Mitte der Achtziger Jahre einen sanften Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft gestaltet. Laos kann deshalb ein stabiles Wirtschaftswachstum von 6% vorweisen. Die Touristenströme nehmen zu und bringen zusätzliche Devisen ins Land. Umso erfreulicher, das Laos trotzdem auf sanften Ökotourismus setzt. Mit geringen Lebenshaltungskosten, günstigen Unterkünften, unverbrauchter Landschaft und entschleunigter Lebensart ist Laos zur Zeit ein wahres Backpacker-Paradies.
Die Lebensader Laos – der Mekong – versorgt das aufstrebende Land mit Trinkwasser, Nahrung und sauberem Strom aus Wasserkraft im Überfluss. Geld wird in Bildung und Infrastruktur gepumpt, aber wie überall in Laos gilt auch hier: “Es bewegt sich was…aber langsam.”
Langsam bewegen kann in Laos auch eine Überlebensstrategie sein. Während des Vietnamkrieges veranlasste die amerikanische CIA die flächendeckende Bombardierung Laos…ohne Kriegserklärung! Die US-Streitkräfte flogen über 580.000 Einsätze und warfen dabei zwei Millionen Tonnen ihrer explosiven Fracht ab. Nach offiziellen Schätzungen detonierten allerdings 30 Prozent der Streubomben nicht und liegen nach wie vor als Blindgänger überall in Laos. Mit etwa 2,5 Tonnen pro Einwohner bombten unsere sogenannten “Freunde” aus den USA das kommunistische Laos zurück in die Steinzeit. Laut US-Statistiken wurden selbst im Zweiten Weltkrieg weniger Bomben in Europa abgeworfen. Auch heute noch werden Kinder und Feldarbeiter von der heimtückischen Hinterlassenschaft verstümmelt oder getötet. Seit 1968 beklagt das Land mehr als 50.000 Tote durch Blindgänger.
Die amerikanische Regierung lehnt Reparationszahlungen noch immer ab. Zwar investiert die USA seit Mitte der 90er Jahre jährlich etwa zwei Millionen Dollar für die Minenräumung in Laos, doch in Anbetracht des angerichteten Schadens und des amerikanischen Rüstungsbudgets ist das ein geradezu lächerlicher Betrag.
Nun gut, wir sind ein bisschen abgeschweift…
Der Bus brachte uns schließlich nach Pakse. Die Stadt gilt als Knotenpunkt für alle Laosreisenden. Da Laos eine ehemalige französische Kolonie ist kommt man hier mit französisch fast weiter als mit englisch. Außerdem sind viele Backpacker aus Frankreich oder Belgien in Laos unterwegs.
Wir bezogen ein kleines Hotel in der Nähe des Mekong. Lilli und Elisa schlossen sehr schnell Freundschaft mit Tata, der fünfjährigen Tochter des Besitzers. Die drei unterhielten sich mit Händen und Füßen und waren stundenlang mit Spielen beschäftigt.

Tata, Lilli und Elisa
Abends gingen wir dann einmal um den Block um uns die Füße zu vertreten und ein geeignetes Restaurant fürs Abendessen zu finden. Auf unserer Runde entdeckten wir einen “Supermarkt der Freundschaft” (“Friendship Store”) der mit bekannten westlichen Konsumgütern bestückt ist und verdächtig an die “Intershops” der ehemaligen DDR erinnerte. Wenig später tauchte das unscheinbare indische Restaurant “Nazim’s” vor uns auf. Hier kehrten wir ein und es sollte nicht das letzte mal sein. Für umgerechnet 16 € gab es reichlich Naan Brot, verschiedene Currys, Wasser, Softdrinks, Fruchtsäfte und das beste Bier Südostasiens (“Beerlao”)…unfassbar lecker! Während unseres Pakse Aufenthalts speisten wir fortan jeden Tag in “Nazim’s”.

Unerwartet gut…“Beerlao“
Von Pakse aus machten wir einen Tagesausflug nach Wat Phou. Die weitläufige Tempelanlage ist UNESCO Weltkulturerbe und gilt als architektonisches Vorbild für Angkor Wat.

Ein Kulturschatz liegt noch verborgen unter der Erde
Sie wurde zwischen dem 6. und 14. Jahrhundert errichtet und liegt am Rand des Mekong Tieflandes am Fuß eines weithin sichtbaren Berges, der die Form eines “Lingas” hat. Das ist das Fruchtbarkeitssymbol des Hindugottes Shiva und nachdem dort auch noch eine Quelle aus dem Berg sprudelt, war klar, dass hier ein Tempel errichtet werden musste.

Stairway to heaven?
Später machten sich der Buddhismus die Anlage zu eigen. Doch der Zahn der Zeit nagte unablässig an den Bauwerken. Der Tempel wurde zur Ruine und unter dem Staub der Jahrhunderte begraben. Derzeit legen französische und italienische Archäologen die Kultstätte wieder frei und errichten Teile der alten Gemäuer.

Steinpuzzel für Fortgeschrittene
Zudem erfreut sich die Quelle nach wie vor großer Beliebtheit. Ganze Heerscharen mit Plastikflaschen bewaffnete Gläubige pilgern an die Quelle, um das heilige Wasser aufzufangen.

Elisa am göttlichen Zapfhahn
Wir haben ebenfalls davon gekostet… schmeckte ungefähr so, als ob man einen nassen Stein ableckt (“Jo mei, wenn’s schee macht!”). Für Kerstin und Götz war es das bislang schönste sakrale Bauwerk während der gesamten Reise.
Wenig später hieß es erneut Koffer packen. Unsere nächste Etappe: Die “4000 Inseln”
Bis bald…
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