Mysteriöses und “wildes” Bangkok
Posted from Bangkok, Bangkok, Thailand.
Wir sind gut ins neue Jahr gerutscht und unsere Lust auf Bangkok ist ungebrochen. Gleich für den Neujahrstag haben wir uns das “Jim Thompson House” ausgesucht. Der US-Amerikaner Jim Thompson verhalf der in Vergessenheit versunkenen thailändischen Seide zu neuer Blüte. Durch kluge Investitionen, moderne Technik und ausgefallene Designs etablierte er die thailändische Seide auf dem Weltmarkt. Sie machte ihn zum mehrfachen Millionär.
Thailand und insbesondere Bangkok blieb er stets verbunden. Er baute seine Seidenspinnerei und sein Wohnhaus direkt an einem der zahlreichen Kanäle Bangkoks. Sein Wohnhaus besteht aus fünf Gebäuden, die nach traditioneller Bauart auf etwa 2,5 Meter hohen Stelzen stehen. So wurde die Einrichtung und die Bewohner vor Hochwasser und bodennahem Getier (Schlangen, Skorpione…) geschützt.
Thompson erwarb die Teakholzhäuser irgendwo in Thailand, lies sie abbauen, restaurieren und nach Bangkok transportieren. Hier verband er die einzelnen Häuser zu einem großen Gebäude und ergänzte sie um westliche Elemente, wie beispielsweise italienische Marmorfußböden, eine innenliegende Treppe und Toiletten.

Jim Thompsons Wohnzimmer belegte eines der Häuser komplett.
Zudem errichtete Thompson Unterkünfte für sein Hauspersonal im weitläufigen (für Bangkoker Verhältnisse) und liebevoll angelegten Dschungelgarten. Der amerikanische Unternehmer war nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, sondern auch begeisterter Kunstsammler. Schnell wurde sein geschmackvolles Anwesen zur Topadresse in Bangkok und die Mächtigen aus Politik und Wirtschaft gaben sich die Klinke in die Hand.
Im Jahr 1967 verschwand der Unternehmer dann unter mysteriösen Umständen von der Bildfläche. Er wollte Ostern bei Freunden in den Cameron Highlands verbringen. Eines Abends machte sich Thompson auf zu einem kurzen Spaziergang vor dem Abendessen…und kehrt nie wieder zurück. Trotz aufwendiger Suche fand man weder eine Leiche noch Spuren einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Es gab auch keinerlei Lösegeldforderungen oder ähnliches. Der millionenschwere Unternehmer blieb verschwunden. Seither ranken sich die wildesten Gerüchte um dessen Schicksal…im Dschungel verirrt, von einem Tiger gefressen, in eine tödliche Tierfalle geraten, entführt oder von Konkurrenten “beseitigt”. Zudem war Thompson während seiner Militärzeit für den Geheimdienst tätig und galt als Kenner Indochinas. Der Vietnamkrieg ging seinem Höhepunkt zu und nicht überall war man auf Amerikaner gut zu sprechen. Vielleicht wurde er in diesem Zusammenhang Opfer eines politisch motivierten Agenten-Scharmützels.
Manche glauben, dass Jim Thompson sich von seinem alten Leben verabschiedet hat und unter falschem Namen – mit einem diebischen Grinsen im Gesicht – seinen Lebensabend verbrachte. Die Wahrheit wird man wohl nie erfahren.
Sieben Jahre später wurde Thompson für tot erklärt und sein Vermögen zum Teil in eine Stiftung umgewandelt. Sein Haus mit all den gesammelten Kunstschätzen wurde zu einem Museum und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Hier wird Thompsons Andenken gewahrt und nebenbei erfährt man einiges über die Seidenherstellung. Zwischen den Gebäuden wurde das Handwerk der Seidengewinnung demonstriert. Die Kinder durften dabei einige Seidenkokons und eine getrocknete Seidenraupe mitnehmen.

Die Seidenkokons werden ausgekocht, um an den Anfang des bis zu 2000 Meter langen Seidenfadens zu kommen.
Da Kerstin und Götz gewillt waren etwas über die Historie Thailands kennenzulernen, stand für die beiden ein Besuch im Nationalmuseum auf der To-Do-Liste. Indes entschieden sich die Kinder dazu, im Hotel zu bleiben. Leider war das Nationalmuseum just an diesem Tag geschlossen. Die beiden ergriffen dennoch die Gelegenheit nahegelegene Tempelanlagen zu besichtigen. So konnten sie in der Buddha-Sawan-Kapelle einen Blick auf Phra Phuttha Sihing werfen. Die Buddha Statue steht nach dem Smaragd Buddha auf Platz Zwei der Nationalheiligtümer und ist die bislang älteste Buddha Skulptur in Thailand (157 n.C.). Sie trägt indische Stilelemente und gilt unter Historikern als frühester Beleg für den Buddhismus in Thailand. Des weiteren befindet sich eine Stele von König Ramkhamhaeng aus dem 13. Jahrhundert in der heiligen Stätte. Sie trägt die ersten bekannten thailändischen Schriftzeichen.

Das zweitwichtigste Heiligtum erfährt deutlich weniger Beachtung.
Unweit des Nationalmuseums gab es eine politische Kundgebung aus Protest gegen die amtierende Regierung. Dies war das erste und einzige Mal, dass wir die politischen Unruhen unmittelbar wahrnahmen. Die Proteste waren friedlich und wir fühlten uns zu keiner Zeit bedroht oder gar gefährdet. Dennoch vermieden wir einen unnötig langen Aufenthalt und zogen rasch weiter zum 79 Meter hohen “Goldenen Berg” Wat Saket.
Die Tempelanlage steht auf einer künstlichen Anhöhe und kann über umlaufende Treppen erklommen werden. Im Innern des vergoldeten Gipfelschreins verbirgt sich ein kleiner Chedi, der eine Reliquie des ersten Buddha beherbergt.
Zudem wächst und gedeiht auf dem Gelände ein Ableger des Bodhi Baumes (einer Pappel-Feige) unter dem der erste Buddha seine Erleuchtung erfuhr. Seither gilt die Pappel-Feige als heilig. Mönche brachten den Ableger des Originals von Sri Lanka nach Bangkok.
Auf dem Weg zurück ins Hotel passierten wir dann noch Chinatown. Hierbei fiel uns auf, dass sich die unterschiedlichen Geschäftszweige stets auf eine Straße konzentrierte. So gab es eine Straße mit Holztüren, eine mit Automobilzubehör, eine mit Werkzeuge und Zubehör, eine für fast “echte” Armbanduhren…

Uhr gefällig?
Der Gipfel war aber der Videomarkt. Hier wurden abertausende Raubkopien aller nur erdenklichen Filme angeboten. Drei DVDs schlugen mit 2,20 € zu Buche. Es ist absurd, wenn man bedenkt, dass weltweit zig Millionen Raubkopien auf solchen Märkten den Besitzer wechseln und gleichzeitig die GEMA-Deutschland ganz kleine Lichter vor den Kadi zerrt, um ein juristisches Feuerwerk abzufackeln. Ist das angemessen und stimmen die Verhältnismäßigkeiten?
Tags darauf ging es zum Wang Lang Market ans andere Flussufer. Da der überwiegende Teil der Touristen eine Station früher das Wassertaxi verlässt, um den Königspalast zu besichtigen, trifft man auf dem Wang Lang Market nahezu keine Touris. Während unseres mehrstündigen Aufenthalts begegneten uns auch tatsächlich nur eine Handvoll Langnasen. Stattdessen strömten unzählige Schüler und Studenten durch die engen Gassen. Neben zahlreichen Garküchen und Essensständen, finden sich hier Klamottenläden lokaler Designer, Second Hand Shops, in Handarbeit gefertigte Souvenirs, Taschen und Accessoires. Die Preise sind so niedrig, dass feilschen schon fast unverschämt wirkt. Ein echter Geheimtipp!
Da wir als nächstes Ziel den Norden Thailands anvisierten, mussten wir uns um entsprechende Bustickets kümmern. Was zunächst einfach klang wurde, dann doch etwas komplizierter, da Bangkok nicht nur über einen Busbahnhof verfügt. Je nach dem, welche Region Thailands bereist werden soll, ändern sich die Busbahnhöfe. Letztlich fanden wir heraus, dass der Busbahnhof Mo Chit in der Nähe des Chatuchak Weekend Markets für uns der Richtige ist. Unbedarft nahmen wir die Bahn und fuhren zur Haltestelle Mo Chit. Auf einem Lageplan konnten wir dann schon den Busbahnhof sehen. Wir mussten aber noch satte zwei Kilometer durch einen Park laufen…im Idealfall. Etwa drei Kilometer sind wir dann tatsächlich gelaufen. Das lag auch daran, dass wir mehrere Passanten nach dem Weg fragten und zum Teil sehr widersprüchliche Antworten erhielten. Wir waren ja bereits gewarnt, dass manche Asiaten lieber irgendwas erzählen, bevor sie zugeben, dass sie keine Ahnung haben. Dies wäre ja ein Gesichtsverlust. Gleichwohl war uns damit nicht geholfen. Also irrten wir latent planlos durch den Park und lernten so zufällig die “wilde” Seite Bangkoks kennen. Zuerst trafen wir auf ein paar vorwitzige Eichhörnchen, die den Kindern Nüsse aus der Hand fraßen.

Amelie füttert ein Eichhörnchen
Eine irritiert dreinblickende Lilli fragte wenige Minuten später Götz, ob es denn in Bangkok Krokodile gäbe, weil sie glaubte eins gesehen zu haben. Götz verneinte, doch das war keinesfalls eine Beruhigung. Also hielten wir in diesem öffentlichen Park nach einem kleinen Krokodil Ausschau. Kurz darauf entdeckte Lilli das Reptil erneut. Das Krokodil entpuppte sich als stattlicher Bindenwaran (Monitor Lizard) von etwa 1,7 Metern Länge.
Dies sollte nicht der letzte Monitor Lizard sein, dem wir in Bangkok in freier Wildbahn begegneten. Während in deutschen Parks Enten und Tauben um die Gunst der Besucher ringen, tummeln sich in Bangkoks Parkanlagen Wasserschildkröten und Warane. Da bekommt der Begriff Großstadtdschungel nochmal eine ganz andere Bedeutung. Zudem sollten Kleinkinder nicht im Unterholz “Verstecken” spielen…
Schlussendlich kamen wir am Busbahnhof an, kauften die Tickets und machten uns auf den Rückweg. Dabei legten wir noch einen Abstecher zu einem Kinder-Mit-Mach-Museum (wer die korrekte Schreibweise kennt, kann sich ja mal melden) am Rande des Parks ein. Das Museum war allerdings geschlossen…vermutlich schon seit Jahren. Dennoch war der Weg für die Kinder nicht gänzlich umsonst, denn direkt neben dem Eingang krabbelten possierliche Nager angeleint und verkleidet (!) über den gemähten Rasen. Wir dachten im ersten Moment, dass man hier für kleines Geld mit den Tieren spazieren gehen kann und sich deshalb eine kichernde Menschentraube bei den pelzigen Gesellen gebildet hat. Stattdessen wurden wir zufällig Zeugen eines Treffens von Murmeltier-Liebhabern, die ihre Haustiere gerne als Rotkäppchen, Drache, Godzilla oder Superheld verkleiden.

Murmeltier Haut Couture
Wandern macht hungrig und obendrein war Wochenende.Wir beschlossen also erneut auf den nahegelegenen Chatuchak Market zu gehen, um einen Happen zu essen. Bereits an der Pforte wartet ein kleiner Essensstand mit einer Leckerei auf, die wir schon wesentlich früher erwartet haben…

Wirklich eine Lösung für das Welternährungsproblem ?!?
Götz kaufte prompt eine Handvoll des knusprigen Snacks. Eine erlesene Mischung aus frittierten Bambusmaden, Grillen und Seidenraupen. Leicht gesalzen….hmmm lecker. Aber mal im Ernst. Außer „Survival“ Götz hat keiner auch nur einen Finger für das Ungeziefer krumm gemacht. Kerstin meinte nur:“Ich esse sowas auch, aber erst kurz vor dem Hungertod!“ Gleichwohl sind fritierte Insekten in Thailand nicht nur ein Touristen-Gag. Wir haben den Stand eine zeitlang beobachtet und mehrere Thailänder gesehen, die sich für das Krabbelgetier zum Knabbern entschieden. Frisch „gestärkt“ stürzten wir uns in Getümmel und arbeiteten uns durch den rastlosen Strom der Besuchern. Doch plötzlich, wie auf ein geheimes Kommando blieben alle wie angewuzelt stehen und waren mucksmäuschen still. Kein Klappern, kein Rascheln, keine wummernden Bässe aus CD-Shops. Nur eine einzige leise Melodie, war aus vereinzelten Lautsprechern zu hören. Eine ebenso unheimliche wie bizarre Stimmung erfasste uns. Und dann…ebenso plötzlich…wurde den Figuren wieder Leben eingehaucht. Der Chatuchak Market war wiedererwacht. Jeder ging seinem Tagwerk nach, als ob nichts geschehen wäre. Erst später haben wir richtig begriffen, was eigentlich passiert war. Punkt 18 Uhr (und auch
um 8 Uhr) wird in Thailand im Fernsehen und Rundfunk, an allen öffentlichen Plätzen, Gebäuden und Parks, die thailändische Nationalhymne gespielt. Jeder ist dazu angehalten, sich zu erheben beziehungsweise stehen zu bleiben. Wer trotzdem weiterläuft, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.
Wir ihr vieleicht bemerkt habt, war das nun schon das zweite Wochenende in Bangkok. Wir haben also nochmal ein paar Tage drangehängt und statt nur einer Nacht ganze neun Nächte dort verbracht. Dies war sicherlich auch der hervorragenden Lage unseres Hotels geschuldet. Dennoch haben wir nur einen kleinen Teil dieser faszinierenden Stadt kennengelernt.
Unsere Reise geht weiter. Nächster Halt: Sukhothai
Bis bald…
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