Tal des Todes – Haare föhnen überflüssig!
Posted from California, United States.
Einer voller Tank, reichlich Wasser und mit der Morgensonne im Rücken ging es auf den Weg. Unser neues Ziel war das 460 Kilometer entfernte Ridgecrest / Kalifornien. Wir wählten den langen Weg durch das Death Valley, entlang der Nord/Süd-Achse. Bereits wenige hundert Meter außerhalb von Las Vegas, wurde deutlich, warum das Spielerparadies als Wüstenmetropole bezeichnet wurde. Schlagartig wurde der Highway von einer Steppenlandschaft gesäumt. Zwischen den vereinzelten, halbvertrockneten Sträuchern müsste eigentlich jeden Augenblick John Wayne oder Winnetous Freunde auftauchen…
Vorbei an den Red Rocks ließen wir Nevada hinter uns und überquerten die Grenze nach Kalifornien. Kurz hinter dem Ort Shoshone – ja, hier lebte tatsächlich der Indianerstamm der Shoshonen – ging es dann noch einen kurzen Anstieg hinauf zum Salsberry Pass auf rund 1.000 Meter über dem Meeresspiegel. Wir hatten das Tal des Todes erreicht. Während im Auto aus den Lautsprechern der AC/DC Klassiker „Highway To Hell“ dröhnte, führte uns die sanft abfallende Straße zur Talsole des Death Valley. Mächtige Berketten, die bis zu 3.300 Meter aufragen, säumen das Tal zu beiden Seiten, während die Talsole selbst auf etwa Meereshöhe liegt.
Die schneebedeckten Gipfel verhießen kühlendes Schmelzwasser. Doch dieser trügerische Eindruck wurde unzähligen Pionieren bei der Besiedelung Nordamerikas zum tödlichen Verhängnis. Selbst heutzutage kommt es immer wieder zu tragischen Todesfällen. So wurden 2009 die sterblichen Überreste einer vieköpfigen Familie aus Dresden entdeckt, die seit 1996 als vermisst galt. Das Death Valley kennt keine Gnade.
Wir waren noch völlig von der Landschaft in den Bann gezogen, als unvermittelt ein Präriewolf neben unserem Fahrzeug auftauchte. Der kleine Kerl sah recht mager aus und schien keine Scheu vor Menschen zu haben. Vermutlich hatte er schön häufiger den ahnungslosen Reisenden aufgelauert und dabei den einen oder anderen Happen als Wegezoll ergaunert.
In Anbetracht der Berge, des Highways, der Wüste und des Kojoten fehlte eigentlich nur noch ein „Meep Meep!“ und Roadrunner ! Da wir eben erst den letzten Rest Kojoten-Futter verspeist hatten, ging der pelzige Vierbeiner bei uns leer aus. Wir wünschten ihm noch viel Glück bei seiner Roadrunnerjagd mit den ACME-Produkten und setzten unsere Reise fort.
Das Wüstenklima traf uns wie ein Donnerschlag. Dabei war es weniger die Hitze als vielmehr die unfassbar trockene Luft. Wer hier duscht braucht weder Handtuch noch Föhn! Vermutlich bleibt sogar der Abfluss trocken, weil alles sofort verdunstet. Irgendwie Backofen-Style nur trockener. Götz war sich sicher:“Hier wurde Beef-Jerky erfunden!“
Wir verweilten nur kurz, denn bis zu unserem nächsten Ziel war es nicht mehr weit. Die Flora der Tiefebene wich zusehends ausgedehnten Geröllfeldern und Salzpfannen. Noch immer ging es sanft bergab, bis wir schließlich tatsächlich am tiefsten Punkt des Tales angelangten – dem Badwater Basin.
Die Senke des Badwater Basin ist mit 85,5 Metern unter dem Meeresspiegel nicht nur der tiefste Punkte im Death Valley, sondern auch der tiefste Punkt des gesamten nordamerikanischen Kontinents! Hier sammeln sich die sagenhaften Regenfluten und bilden mit einer kleinen Quelle sowas wie einen Tümpel. Die Regenfluten sind in der Tat sagenhaft selten: Death Valley: 48 mm im Jahr vs. Kornwestheim: 680 mm im Jahr.
…doch das meiste Wasser verdunstet. Die Verdunstungsrate liegt bei 3800 mm. Das bedeutet: Ein See mit 3,8 Metern Tiefe würde binnen eines Jahres komplett austrocknen! Zurück bleibt eine mittlerweile meterdicke Salzkruste mit beachtlicher Ausdehnung.
Wir nutzten die Gelegenheit und vertraten uns in diesem natürlichen Backofen etwas die Beine. Doch die staubtrockene Luft und der stetige, heiße Wind trockneten uns alsbald die Kehle aus. Auf dem Rückweg bemerkten wir dann ein winziges Schild am Berghang über dem Parkplatz.
Das Schild markiert das Meeresspiegelniveau. Die Vorstellung, sich am Grund eines 85 Meter tiefen Sees zu befinden, erschien uns faszinierend. Zurück am Auto gab es erstmal reichlich zu trinken und ein kleines Vesper. Danach ging die Fahrt auch schon weiter. Nach einem kurzen Abstecher zum Natural Bridge Trail ging es vorbei am Devil`s Golf Course zum Furnace Creek – zu Deutsch: Schmelzofen Bach.
In der Tat hat dieser Ort viel mit einem Schmelzofen gemein. Es war wohl ein recht sonniger Tag, damals am 10. Juli 1913. Als ein mit Sicherheit schwitzender Metrologe an sein Thermometer ging und kommentarlos 134° F (56,7° C) notierte. Ihm war wohl nicht klar, dass er eben die höchste jemals gemessene Lufttemperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnung notierte.
Viele Jahre später gesellte sich noch ein weiterer Rekord dazu. Ganze 201° F (93,9° C) Oberflächentemperatur wurde am 15. Juli 1972 in Furnace Creek gemessen. Das reicht tatsächlich zum Eier braten.
Übrigens, in Furnace Creek haben wir keinen Bach gesehen, dafür gibt es aber eine Werkstatt, eine Tankstelle, einen Supermarkt, einen Flugplatz, mehrere Campingplätze und – Achtung – wegen der unfassbaren Süßwasservorkommen…einen Golfplatz! Bei Letzterem erschließt sich uns nicht ganz die Sinnhaftigkeit. Aber hey, was soll’s. Wir sind in Amerika. Da muss man mit solchem Unfug rechnen…Gott sei Dank haben die keine Atomwaffen…äh Moment!
Dennoch waren wir beeindruckt, dass gerademal 24 Einwohner diesen Außenposten der Zivilisation schmeißen. Wie machen die das nur… ?
Es war bereits Nachmittag und wir hatten noch ein paar Meilen vor uns. Unser letzter Zwischenstopp sollte abschließend das gängige Klischee einer Wüste erfüllen. In den Mesquite Flat Sand Dunes konnten sich die Kinder nach der langen Fahrt noch so richtig austoben. Während Kerstin und Götz die Abendsonne genossen, schlugen die Kinder in den Dünen Räder. Bereits beim Zusehen wurde einem schon ganz schwindelig.
Die weitläufigen Sanddünen wurden auch von George Lucas geschätzt und boten für „Star Wars – Eine Neue Hoffnung“ die Kulisse für die Filmaufnahmen auf dem Planeten Tatooine. Kleine Kostprobe? Achtet auf die Bergkette im Hintergrund…
Die Schatten wurden zunehmend länger und mit dem Sonnenuntergang nahmen wir Abschied vom Death Valley. Zurück auf dem Highway gab es dann doch noch eine Überraschung. Der Asphalt wich nach einigen Meilen einer Schotterpiste ohne Markierungen, Fahrbahnbegrenzung oder ähnlichem…
So fuhren wir die letzte Etappe nach Ridgecrest durch die Nacht und aus dem Radio tönte der Eagles Klassiker „Hotel Californien“…“On a dark desert highway, cool wind in my hair….“
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