Kulturmetropole Sydney
Posted from Sydney, New South Wales, Australia.
Wie schon in Melbourne mussten wir auch in Sydney darauf achten, dass wir nicht versehentlich auf einer mautpflichtigen Straße landeten. Die Maut wird elektronisch über das Kennzeichen vom Besitzer eingetrieben. Unser Vermieter hätte sich bedankt.
In Sydney navigierte uns Kerstin elegant durch den Großstadtdschungel und führte uns zum Olympiapark. Sydney war im Jahr 2000 Austragungsort der olympischen Sommerspiele. Nach den Spielen wurde das riesige olympische Feuer abgebaut und wenige Meter entfernt in einem Park als Brunnenanlage zu neuem Leben erweckt.

Das olympische Feuer wurde gelöscht…mit viiiiiel Wasser
Der Platz um den Brunnen ist mit goldenen, silbernen und bronzenen Plaketten durchzogen. Auf diesen findet man alle Medaillengewinner der Olympiade und der Paralympics von Sydney. Wir entdeckten einige Deutsche Namen wie beispielsweise Tommy Haas (Tennis – Silber), Lars Riedel (Diskuswurf – Silber), Heike Drechsler (Weitsprung – Gold) und Ludger Beerbaum (Springreiten – Gold). Kerstin und Amelie entdeckten auch die deutsche Damennationalmannschaft mit Nadine Angerer und Claudia Müller (Fußball – Bronze).

Die Fußballdamen haben nur ein einziges Tor bekommen…und das war ein spektakuläres Eigentor. Nur Deutschland konnte Deutschland besiegen.
Derweil fanden sich natürlich auch ein paar Sportler, die Sportgeschichte geschrieben haben. Dazu zählt unter anderen der Ausnahmeschwimmer Ian Thorbe (sammelte Weltrekorde und Medaillen wie andere Leute Porzellanpuppen) und der Sprinter Maurice Green, der noch bis 2005 den Weltrekord über die 100m-Distanz hielt (flotte 9,79s).

Begehbare Sportgeschichte
Wir schauten noch die Sportstätten in der Umgebung an. Dabei kam Götz mit einem der Wachleute ins Gespräch. Er gab uns den Hinweis, dass das nahegelegenen Novotel für seine Gäste eine Besucherplattform habe. Von dieser habe man eine prima Aussicht auf das Olympiagelände. Wenig später standen wir auf einem Balkon im 8. Stock des Hotels und genossen den Blick aufs Gelände und auf die Skyline Sydneys.

Links vom Brunnen steht an der Straße unser Wohnmobil
Danach ging es weiter zu unserem dritten und letzten kommerziellen Campingplatz. Eingebettet zwischen Naturschutzgebiet, Friedhof und Krematorium verbrachten wir die letzte Nacht in unserem Wohnmobil.

Soll ich mal bei den Nachbarn nach einem Grillanzünder fragen?
Am nächsten Morgen fuhren wir nach Manly. In dem beschaulichen Stadtteil an der Küste gaben wir das Wohnmobil ab. Da wir ohnehin in die Innenstadt Sydneys mussten und eine Hafenrundfahrt machen wollten, nahmen wir eine Fähre. Die Fahrt führte uns durch die verwinkelte Bucht, vorbei an der berühmten Oper…

Das zeitlos schöne Opernhaus – ein Meisterwerk
…und der Harbour Bridge…

Die Harbour Bridge zu Sydney – ein imposanter „Kleiderbügel“
…zum Circular Quay, dem Verkehrszentrum der Stadt. Ein quirliger Ort mit Imbissbuden, Straßenmusikanten, Souvenirläden und Bahnhofscharme.
Mit geschultertem Gepäck liefen wir die zwei Kilometer bis zu unserem Hostel.

Vollgepackt durch den Großstadtdschungel
Unterwegs machten wir noch kurz an einem Geldautomaten halt, der zweifelsohne ein Eyecatcher ist.

Das Geld aus dem Automaten hat sich irgendwie warm angefühlt…
Die australische ANZ Bank hat anlässlich der “Sydney Gay and Lesbian Mardi Gras Parade” (größte Schwulen- und Lesbenparade der Südhalbkugel) zehn Geldautomaten (ATM) im Stadtgebiet in sogenannte GAYTM umgebaut.
Sydneys Jugendherbergen, die zum internationalen Jugendherbergswerk YHA gehören, waren leider schon ausgebucht. So landeten wir in einem “Nomads”-Hostel. Zwar war es ein bisschen heruntergekommen, aber es bot uns ein Dach über dem Kopf, lag in Downtown Sydney und hatte ein paar schräge Vögel als Gäste. Darunter eine junge Deutsche, die für die “Süddeutsche” schreibt und sich wahrscheinlich innerhalb der nächsten fünf Jahre “aus Versehen” selbst aus dem Genpool der Menschheit entfernt.
Eines Abends stand sie beispielsweise am Gasherd und sprühte Bratfett in eine Pfanne. Dabei traf sie nicht nur die Pfanne, sondern auch den Gasbrenner. Eine Stichflamme schoss nach oben und ungläubig blickte sie auf die Pfanne und die Fett-Spraydose in ihrer Hand. Okay, das kann schon mal vorkommen…aber sie wiederholte das noch drei (!!!) mal, bis Götz sie darum bat doch bitte ein anderes Haus anzuzünden.
Tags darauf sahen wir unsere Freundin wieder. Sie war allein in der Küche. Wir saßen nebenan beim Abendessen. Sie legte ein Ei auf die leicht abschüssige Arbeitsplatte und wandte sich zum Kühlschrank um, der nur wenige Meter entfernt stand. Das Ei machte sich mittlerweile selbstständig, fiel zu Boden und zerbrach. Die aufstrebende Journalistin kam zurück und wurde fuchsteufelswild, weil “irgendjemand” ihr Ei auf den Boden geworfen habe (Wurde schon erwähnt, dass sie allein in der Küche war?). Fluchend verließ sie die Küche und betonte lautstark, dass sie auf gar keinen Fall die Sauerei wegputzen werde.
Uns schien sie nicht verdächtigt zu haben, denn wenig später unterhielten wir uns mit ihr. Wir erzählten ihr von unserer Weltreise und sie erwiderte, dass sie sooo gerne einen Artikel über uns für die “Süddeutsche” schreiben würde. Außerdem fand sie es total krass, dass wir im “Nomads” mit Kindern abgestiegen seien. Wir haben jedenfalls das “Nomads” überlebt und wünschen ihr auf ihrem weiteren Lebensweg viel Glück…sie wird es brauchen.
Wir nutzten die gute Lage und fuhren mit einem Shuttlebus zurück zum Circular Quay, um von dort die Harbour Bridge zu erreichen. Der Spaß begann aber schon an der Bushaltestelle. Da der Shuttlebus kostenlos war, erfreute er sich großer Beliebtheit. Da wir kein Ticket lösen mussten, wollte Götz am hinteren Eingang des Buses einsteigen und wurde sofort vom Busfahrer lautstark zurückgepfiffen. Offenbar wollte er den Bus nicht überladen und versuchte deshalb verzweifelt den Überblick zu behalten, wer ein- und aussteigt. Kerstin und die Kinder waren bereits im Bus als der Fahrer sagte, dass der Bus zu voll sei und Götz wieder aussteigen müsse. Noch während Götz versuchte dem Busfahrer klarzumachen, dass er lediglich Kerstin und den Kindern sagen wolle, dass er den nächsten Bus nähme, schlich sich eine ältere, drahtige Asiatin in den Bus. Der Fahrer bemerkte dies und forderte sie mehrmals laut und deutlich auf, den Bus zu verlassen. Sie blieb jedoch gelassen stehen und tat so als ob sie nichts verstünde. Die Nerven des Busfahrers lagen mittlerweile blank. Schnaubend wandte er sich um, murmelte etwas von “ihr könnt bleiben” und fuhr los.
In den darauf folgenden zwanzig Minuten war unser Chauffeur bei jeder Bushaltestelle dem Herzinfarkt nahe, zeigte einen Taxifahrer an, der auf der Busspur hielt, um einen Fahrgast austeigen zu lassen und bellte einem Passanten nach, der es wagte vor dem Bus die Straße zu überqueren…während der Bus stand.
Es drängte sich förmlich ein Vergleich mit dem Michael Douglas Klassiker “Falling Down” auf. Ein hochroter Kopf, verkrampfte Finger, die sich ins Lenkrad krallten und kleine Schweißperlen auf der Stirn…stellt euch mal vor, dieser Busfahrer hätte eine Waffe…
Mit einem gewissen Gefühl der Erleichterung verließen wir den Bus am Circular Quay und setzten unseren Weg zur Harbour Bridge zu Fuß fort. Die Brücke ist nur auf der zur Oper hin zugewandten Seite für Fußgänger geöffnet. Wir marschierten los und ließen uns in luftiger Höhe den kühlen Pazifikwind um die Nase wehen.

Die Pfeiler verleihen der Brücke ein stabileres Aussehen. Tatsächlich sind sie aber lediglich Dekoration
Nach der Oper ist die Harbour Bridge das zweite architektonische Wahrzeichen der Stadt und wird von den Sydneysider (so bezeichnet man tatsächlich die Bewohner Sydneys) auch liebevoll “Kleiderbügel” genannt. Die Brücke wurde 1932 nach acht Jahren Bauzeit eröffnet und ist mit einer Breite von knapp 50 Metern und einer Länge von 508 Metern eine der größten Brücken Australiens. Da der Hafen durch die Brücke nicht blockiert werden durfte und auch großen Schiffen Platz bieten sollte, liegt die Fahrbahn in einer mittleren Höhe (je nach Ebbe/Flut) von 53 Metern. Der Scheitel des Bogens kommt gar auf 134 Meter. Während des Baus gab es zahlreiche Unfälle. 16 Männer ließen ihr Leben.

Über 50 Meter bis zum Wasser. Für die meisten Schiffe dürfte das reichen
Insgesamt wurden stolze 52.800 Tonnen Stahl zum Bau der Brücke verwendet, wovon man alleine 39.000 Tonnen für den Bogen benötigte. Die Gesamtkosten dieses gigantischen Bauwerks beliefen sich letzten Endes auf rund 20 Millionen Dollar, fast doppelt so viel, wie zu Beginn des Baus eingeplant wurde. Aber auch die Wartung der Brücke ist nicht ohne. So dauert es circa 10 Jahre, bis die Sydney Harbour Bridge komplett gestrichen ist. Während bei den ersten drei Anstrichen über 270.000 Liter Farbe verwendet wurde, benötigt man heutzutage „nur noch“ 30.000 Liter, um die 485.000m² Stahl anzustreichen. Sobald die Brücke fertig gestrichen ist, beginnt man auch schon wieder mit dem nächsten Anstrich. Schauspieler Paul Hogan, besser bekannt als „Crocodile Dundee“, arbeitete vor seiner Filmkarriere unter anderem als Brückenanstreicher und half dabei, die 6 Millionen per Hand eingesetzten Nieten zu übermalen.
Die Brücke ist auch heute noch eine wichtige Verkehrsader. Fuhren im Eröffnungsjahr nur etwa 11.000 Fahrzeuge pro Tag über die Brücke, sind es heuer bereits 160.000.
Die tolle Aussicht lockt täglich tausende Besucher auf die Brücke. Dabei haben nicht wenige ein mit Namen versehenes Vorhängeschloss in der Hosentasche, dass sie in einem Anflug von Romantik verstohlen am Schutzgitter der Reling befestigen. So landen täglich hunderte wenn nicht sogar tausende Vorhängeschlösser auf der Brücke. Die Harbour Bridge soll offenbar nicht nur Stadtteile, sondern auch Herzen verbinden.

Na hoffentlich hält die Beziehung länger als das Schloss
Achtung Romantik-Spoiler: Alle zwei Wochen werden die Schlösser mit schwerem Gerät wieder entfernt…es sind einfach zu viele.
Im Hafen durften wir dann noch einen Blick auf einen Nachbau von Captain Cooks Schiff, der HMS Endeavour, werfen.

Captain Cooks Nussschale in Originalgröße
Nachdem wir die Oper bereits bei der Fahrt von Manly und von der Harbour Bridge aus gesehen haben, wollten wir uns das Gebäude nun genauer anschauen.
Die Oper gilt als eines der markantesten Bauwerke des 20. Jahrhunderts und wurde 1973 nach schlappen 14 Jahren Bauzeit eröffnet. Der Entwurf des dänischen Architekten Jørn Utzon löste eine heftige Kontroverse aus und viele konnten sich nicht mit dem futuristischen Design anfreunden. Wenig schmeichelhaft wurde die auffällige Dachkonstruktion mit Titeln wie “Nonnen im Sturm” oder gar “kopulierenden Schildkröten” geschmäht.

Der Architekt sei angeblich von einem Palmwedel inspiriert worden sein…nun ja, wer weiß…
Zudem liefen die Baukosten mal so richtig aus dem Ruder. Etwa 70 Millionen Euro verschlang der Prachtbau. Damit wurde der zunächst angesetzte Baupreis um das Vierzehnfache überzogen. Um den Bau zu retten, wurde eigens eine Lotterie ins Leben gerufen…und da jammern wir Schwaben über “Stuttgart 21”.
Für die waghalsigen Konstruktion bemühte man für damalige Verhältnisse modernste Technik. Lochkartencomputer benötigten 18 Monate für die statischen Berechnungen. Lag wohl auch daran, dass die komplexe Dachgeometrie ein dutzendmal angepasst wurde. Ein Heer von 44 Zeichnern lieferte insgesamt 1700 Baupläne ab.
Nach den ersten sieben Jahren Bauzeit – die Dachkonstruktion war soweit fertig – wurden dem Architekten Jørn Utzon die Gelder gestrichen. Er verließ daraufhin seine Baustelle und setzte nie wieder einen Fuß auf australischen Boden. Leider übernahm dann ein junges australisches Architektenteam die Bauleitung und bewies ein wenig glückliches Händchen beim Innenausbau dieses Meisterwerks. Trotz aller Widrigkeiten sind die Sydneysider mittlerweile stolz auf ihre Oper und erfreuen sich des opulenten Kulturangebots. Jährlich finden mehr als 2000 Aufführungen und Veranstaltungen mit etwa vier Millionen Besuchern statt. Darunter auch zahlreiche Gratiskonzerte für Jedermann. Damit gehört die Oper zur kulturellen Weltspitze.
Unsere Zeit in Australien ging mit dem Besuch Sydneys zu Ende. Rückblickend haben wir den Aufenthalt in Downunder sehr genossen. Wir empfanden Australien als sehr kinder- und familienfreundlich. Dies spiegelte sich beispielsweise in den hervorragenden Spielplätzen, den Familientickets bei Kulturveranstaltungen und den zahlreichen Kinderbereichen in vielen Museen und Galerien wieder.

Ein Wasserspielplatz im Herzen der Stadt…ganz ohne Scherben, Zigarettenstummel, Graffities und beschädigten Spielgeräten…geht offenbar doch!
Unser nächstes Reiseziel ist von Deutschland aus gesehen wirklich am Ende der Welt. Es geht weiter nach Neuseeland.
Bis bald…



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